Zentrum Paul Klee Bern Gegründet von Maurice E. und Martha Müller sowie den Erben Paul Klee

Architektur

Das schöne Gelände, mit der Villa Schöngrün und dem Schosshaldefriedhof mit dem Grab Paul Klees in unmittelbarer Nähe, schien wie geschaffen für einen Museumsbau, der das umfassende Werk der Stiftung Paul Klee beherbergen sollte. Die Idee, Natur und Architektur in ein spannendes Verhältnis zueinander zu stellen, traf hier auf beste Voraussetzungen.

Die Idee

Von Anfang an stand für Piano fest, dass der Künstler Paul Klee «einen zu weiten, zu grossen Atem» hat, als dass er in ein «normales Gebäude» eingesperrt werden könnte. Für die Vision seines eigenen Werks liess sich Renzo Piano aber auch von der Identität des Ortes, der sanft geschwungenen Linie des Terrains inspirieren. Dass da noch die Autobahn war, die mit einem tiefen Einschnitt die Bauparzelle abrupt begrenzt, störte ihn nicht. Als eine «Lebensader» unserer Zivilisation sollte sie vielmehr ins Projekt einbezogen werden und hier ihr ästhetisch-funktionales Echo finden. Anders auf der Rückseite des Gebäudes: Damit die Einheit von Natur und Architektur nicht zerstört wird, war es Pianos ausdrücklicher Wunsch, dass die Fläche um das Gebäude landschaftlich genutzt und nicht zu einer Parkanlage umfunktioniert wird.

Die Hügel

Renzo Piano fiel auf, dass der Hügel im Vordergrund wie eine Kulisse vor dem Horizont der bewaldeten Hügeln in der Ferne steht. Die drei Hügel verschmelzen als Terrainartikulationen mit dem Gelände und lassen das gesamte Areal zur Landschaftsskulptur werden. Als Kunstbauten im Wortsinn bergen sie die neue Kulturinstitution. Von der Autobahn aus ist die ungewöhnliche Dachlinie während zehn Sekunden sichtbar. Vom Park herkommend ist zuerst nicht ganz klar, ob die drei Wellen künstlich sind oder doch Natur. Erst vor der Hauptfassade sind die Dimensionen offensichtlich: 12 Meter hoch ist die mittlere Welle, über 150 Meter lang die Glasfront gegen die Autobahn.

Den Wunsch, dass das Zentrum nicht nur ein «Ort der Stille» sein sollte, sondern ein Wechselspiel zwischen Begegnung, Erholung und Vergnügen, löste Renzo Piano durch die Aufteilung des Zentrums in drei Hügel. Ausgehend von den zahlreichen unterschiedlichen Tätigkeiten Klees als Maler, Musiker, Lehrer, Schriftsteller und Philosoph hat das Zentrum Paul Klee zum Ziel, den Künstler in eben dieser Vielschichtigkeit umfassend darzustellen. Demzufolge hat jeder der drei Hügel eine eigene Aufgabe. Der Hügel Nord dient der praktischen Kunstvermittlung, der Musik, den Konferenzen und den Werkstätten, der Hügel Mitte der Sammlungspräsentation und den Wechselausstellungen, der Hügel Süd der Forschung und Verwaltung.

Die Ausstellungsräume

Der überaus umfangreiche und vielfältige Sammlungsbestand macht es unmöglich, alle Werke auf einmal zu zeigen. Die besondere Empfindlichkeit der Arbeiten Klees erlaubt auch keine klassische Sammlungsausstellung, die unverändert immer dieselben Werke zeigt. Stattdessen präsentiert das Zentrum Paul Klee die hauseigenen Bestände in Form einer regelmässig ändernden, rotierenden Auswahl von etwa 120 bis 150 Werken, die jeweils unter einem wechselnden Thema stehen. Zwei Ausstellungsräume bieten Platz für stets neue Auseinandersetzungen mit dem Werk Klees und die Präsentation unterschiedlicher Manifestationen der bildenden Kunst.

Die Museumsstrasse

Die Konstruktion des Zentrums ist zugleich funktional und hoch technisiert. Direkt hinter der Hauptfassade aus Glas liegt der öffentliche Bereich, die sogenannte Museumsstrasse. Diese Rückgratszone verläuft parallel zur Autobahn, ist hell, manchmal laut und für die Besucher die einzige Verbindungsmöglichkeit zwischen den drei Hügeln. Beim Betreten der Ausstellungsräume verändert sich die geräuschvolle Stimmung in stille Betrachtung.

Die Beleuchtung

Die Werke Klees sind meist Bleistiftzeichnungen und Aquarelle, die nur einer Lichtstärke von höchstens 50 bis 100 Lux ausgesetzt werden dürfen. Der Hauptsaal im Hügel Mitte ist ein reiner Kunstlichtsaal, ebenso wie der Ausstellungsraum im Untergeschoss des Gebäudes. Die Grundbeleuchtung ist im Gewölbe der Stahlträger installiert, die indirekt über die Decke in den Raum strahlt. Die einzelnen Bilder werden mit Spots hervorgehoben. Das Tageslicht, welches durch die gesamte Glassfassade des Gebäudes kommt, wird kontrolliert und über einen automatischen Sonnenschutz gedämpft.

Die Fassade

Eine Folge der ungewöhnlichen Gebäudegeometrie ist die aufwändige Konstruktion für die 150 Meter lange Glasfassade. Auf ihrer ganzen Länge ist sie in einen oberen und einen unteren Bereich unterteilt. Die beiden Fassadenbereiche sind leicht versetzt und auf einer Höhe von 4 Metern über dem Erdgeschossboden durch das Vordach (Dach der Museumsstrasse) miteinander verbunden. An ihren höchsten Stellen misst die Glasfassade 19 Meter, und mit Flächen von 6 x 1.6 Meter bringen die grössten Glasscheiben nahezu eine halbe Tonne auf die Waage.

Der Erdbau

Trotz der eindrücklichen Ausmasse der drei Hügel befinden sich grosse Teile des Zentrum Paul Klee in den Untergeschossen. Dies verdeutlichen die rund 180’000 Kubikmeter Erdmasse, die seit dem 15. Oktober 2001 mit rund 15’000 Lastwagenfahrten auf dem Gelände bewegt wurden, die 1’100 Tonnen Stahlträger und die 1’000 Tonnen Armierungsstahl sowie die 10’000 Kubikmeter Beton, die verbaut wurden.