Rémy Zaugg. Nachbar Tod und die Wahrnehmung
Das Zentrum Paul Klee widmet Rémy Zaugg, der kurz nach Fertigstellung seines Auftragswerkes starb, nun eine Gedenkausstellung.
Michèle Zaugg, Gastkuratorin
In der Sammlungspräsentation des Zentrum Paul Klee antwortete Rémy Zaugg mit einem seiner letzten Werke auf die berühmte Sentenz Paul Klees: «Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern macht sichtbar». Diese stammt aus der «Schöpferischen Konfession» von 1920, ein innovatives Künstlerbekenntnis, dass Kunst die Wirklichkeit nicht kopiere, sondern Wirklichkeiten erfinde.
In der Paul Klee gewidmeten Sequenz thematisiert Zaugg das Verlöschen des Sichtbaren und unterstreicht dies, indem er die weissfarbene Schrift dem Hintergrund annähert. Die Thematik des Verschwindens prägt mehrere Werkgruppen des Künstlers. Korrespondierend mit dem Verlöschen des Sichtbaren hat auch das Verlöschen des Lebens – der Tod – in Zauggs Werk eine zentrale Bedeutung. Der Künstler versteht den Tod als unhintergehbare Grenze der Wahrnehmung. Während die Blindheit der Tod des Sehens ist, ist der Tod das Ende jeglicher Wahrnehmung.
Kernstück der Ausstellung ist die Werkgruppe Vom Tod II. Es handelt sich dabei um 27 Bildtafeln, welche das Leben und den Tod thematisieren. Mit farbigen Lettern stehen auf grell leuchtendem Hintergrund die Worte UND WENN / DER TOD / ICH WÄRE allein, manchmal zusammen mit Worten, die verschiedene Körperteile bezeichnen. Diese Bildtafeln werden mit Anordnungen lateinischen oder deutscher Namen von Pflanzen, Bäumen, Moosen, Getreidearten, Blumen, Farnkräutern, Flechten oder Farnen ergänzt. Es entsteht ein Reigen von schriller Farbigkeit.
Die Kombination der Schrift auf dem fluoreszierenden Grund attackiert die Netzhaut. Das Sehen wird irritiert. Es entsteht eine Vorahnung, wie sich die Auflösung der visuellen Wahrnehmung, die mit dem physischen Ende unweigerlich verbunden ist, anfühlen könnte. Der Tod kommt in einer kitschigen Farbigkeit daher, und lässt sich doch nicht fassen.