Zentrum Paul Klee Bern Gegründet von Maurice E. und Martha Müller sowie den Erben Paul Klee
Sonderanlässe 28.03.2018 – 06.07.2018

Hügel Süd

Hommage Maurice E. Müller 100. Geburtstag

Maurice E. Müller und seine Künstler

Maurice E. Müller der Utopienverwirklicher
Als «Orthopäde des 20. Jahrhunderts» wurde Maurice E. Müller mit zahlreichen Ehrendoktoraten gefeiert. Sich auf seinen Lorbeeren auszuruhen, war ihm jedoch stets suspekt. Er suchte sich deshalb nach seinem Rückzug aus dem Arztberuf eine neue Herausforderung: Nichts weniger als die Verwirklichung einer Utopie: Den Traum eines grundlegend neuen Museumstyps. Der Traum eines neuen Museums hatte in den 1990er Jahren Hochkonjunktur. Alle sprachen damals vom geplanten Guggenheim-Zentrum von Frank Gehry, das im Hafen von Manhattan auf Stelzen erbaut werden sollte und alle Sparten der Kultur mit Sportplätzen, Vergnügungsmeilen und Einkaufszentren vereinigen sollte. Maurice E. Müller strich die «unseriösen» Teile aus dem ausufernden Guggenheim-Konzept und schuf an deren Stelle für Paul Klee, der ihn wegen der akribischen Dokumentation seiner Werke faszinierte, ein Kultur- und Eventzentrum, das den zahlreichen Begabungen Klees gerecht werden sollte. Gleichzeitig entstand – ausgehend von Konzepten seiner Tochter Janine Aebi-Müller – ein Kindermuseum mit einem völlig neuen kunstdidaktischen Ansatz. Das Zentrum Paul Klee ist bis heute die einzige Umsetzung einer der glänzendsten Museumsutopien des 20. Jahrhunderts.

Maurice E. Müller – Freund der Künstler
Maurice E. Müller war in allen Bereichen seines Lebens immer beides: ein Stratege und ein Praktiker; und er liebte es, sein Publikum mit seinen Zauberkünsten verblüffen zu können. Neben seinen rationalen Gaben besass er in hohem Masse künstlerische Fantasie, Leichtigkeit, Spielfreude und Kreativität. Plastikern, die sich wie er mit Fragen funktionaler Dreidimensionalität beschäftigten, war er ein idealer Freund.

Hans Erni
Porträt Maurice Müller, 1981, Kohle auf Papier, Privatbesitz
Hans Erni ist einer der wichtigen Zeichner in der Schweizer Kunst des 20. Jahrhunderts. Er hatte einen ungemein schwungvollen und treffsicheren Strich. In wenigen schnell hingeworfenen Linien Charaktermerkmale und die psychische Stimmung zu erfassen, ist ihm im Porträt seines Freundes Maurice E. Müller ganz eindrücklich gelungen.

Rolf Brem
Büste Maurice Müller, 1991, Gips patiniert, Privatbesitz
Klassische plastische Porträtkunst strebt nach zeitlos gültigem Ausdruck. Rolf Brem reihte sich zwar ein in diese Tradition, aber er ging immer von impressionistischen Augenblickseindrücken aus, die seinen Porträts Spontaneität, Unmittelbarkeit und Lebensnähe verleihen. Das Porträt seines Freundes Maurice E. Müller ist ein glänzendes Beispiel von Brems lebensnaher Plastik.

Jean Tinguely
Ohne Titel, 1988, Assemblage, Stahl, menschlicher Knochen, Elektromotor, Privatbesitz
Mit seinen kinetischen Schrottplastiken ist Jean Tinguely eine der zentralen Figuren des Nouveau Réalisme und der Pop-Art. Maurice E. Müller war mit Jeannot, wie ihn seine Freunde nannten, seit den 1960er Jahren befreundet. Ausdruck ihrer Freundschaft ist die Tinguely-Plastik Ohne Titel von 1988. Tinguely hatte sich durch ein bizarres Totengräbergeschenk inspirieren lassen. Dieses besteht aus einem gebrochenen und verschoben zusammengewachsenen Oberschenkelknochen, den Tinguely mit Müllers orthopädischen Erfindungen zur «Danse macabre» antreten lässt.

Oscar Wiggli
Sculpture, ohne Jahr, Stahl, geschmiedet, Privatbesitz
Sculpture 117 C, 2000, Stahl, geschmiedet, Höhe 130 cm, ehemals Sammlung Martha und Maurice E. Müller, Privatbesitz
Der schmiedende Eisenplastiker aus Muriaux, der Stahl in gespannte organische Körperformen verwandelte, war ein Lieblingskünstler von Martha Müller. Für ihren Ehemann war Oscar Wiggli ein Zauberer wie er selbst. Dem tonnenschweren Stahl seine Schwere zu nehmen, ihm die Sinnlichkeit weiblicher Körperformen einzuhämmern und ihn dadurch gleichsam zu verlebendigen, war dem Orthopäden eine Widerspiegelung seiner eigenen Ideale als Arzt.

Yves Dana
Sans titre, 1995, Mischtechnik auf Papier, 160 x 120 cm, ehemals Sammlung Martha und Maurice E. Müller, Privatbesitz
Stèle XXIV, 2000, Bronze, 240 x 52 x 30 cm, ehemals Sammlung Martha und Maurice E. Müller, Privatbesitz
Der in Alexandria, Ägypten, geborene Yves Dana war Maurice E. Müller eine Offenbarung, weil er sich in seinem Werk wie er mit Übergangssituationen, mit Gelenken und Scharnieren, befasste. Danas Inspirationsquelle ist das Ägypten der Pharaonen, dessen hieratische Statuen und Tempelarchitekturen er in seinen abstrakten Stelen neuformuliert.

Janine Aebi-Müller
Inside out, 2017, Bronze, 62 x 27 x 27 cm, Privatbesitz
Mit ihrem Vater teilt die Plastikerin Janine Aebi-Müller die Vorliebe für dreidimensionale Formverläufe. Die Gelenke des Orthopäden sind funktionelle technische Objekte von höchster Präzision. Seine Tochter inszeniert die Schönheit analoger plastischer Perfektion in ihren Bronzeskulpturen als autonome konkrete Kunstwerke.

Christine Aebi-Ochsner
Stationen, 1998, Mischtechnik auf Papier, 98 x 78 cm, ehemals Sammlung Martha und Maurice E. Müller
Äthiopische Miniaturen, 1988, Aquarell, 46 x 34 cm, ehemals Sammlung Martha und Maurice E. Müller, Privatbesitz
Im Gegenüber, dem anderen Menschen, dem Artefakt, ja der Natur generell, ureigene Empfindungen, Überzeugungen oder biografische Übereinstimmungen entdecken zu können, ist ein Kennzeichen schöpferischer Neugier und analogen Einfühlungsvermögens. Diese Eigenschaften waren Maurice E. Müller Anlass, sich mit Kunst intensiv zu befassen. In den hier gezeigten Bildern von Christine Aebi-Ochsner, einer Künstlerin und Ärztin, kommt es zu einer Kumulation wechselseitiger biografischer Überschneidungen von gemeinsamen Erfahrungen in den Spitälern im ehemaligen Abessinien.